Blog 711 - 12.12.2021 - Aktive Kreativzellen, Kameraführung und Screenshot

Zum Schrecken der Bäume und Büsche bin ich schon wieder im Garten unterwegs. In Aufräumstimmung - da säbel ich gerne mal viele Äste weg. Ich brauche Luft, Licht, Platz! Der Aktionismus hängt vielleicht mit dem erneuten Einigeln wegen Corona zusammen, aber es tut dem zugewachsenen Garten schon gut, mal wieder gelüftet und gelichtet zu werden. Das wächst alles wieder nach, voraussichtlich dichter als vorher. Der Nachteil meiner Aktion ist, dass ich jetzt schon wieder einen Berg von Ästen zum Häckseln auf dem Grillplatz liegen habe.

Das Island-Fotobuch ist nach vielen Stunden Arbeit am Rechner fertig und ich schicke es als Auftrag ab. Es ist ganz schön dick geworden. Vermutlich ist es noch vor Weihnachten fertig, aber wenn nicht, auch nicht schlimm. Der Urlaub war vor neun Jahren, da muss ich jetzt nicht ungeduldig auf zwei Wochen schauen.

An meinem Kreativnachmittag arbeite ich an der Geschichte meines neuen Kinderbuches. Die ersten Seiten habe ich schon vor einiger Zeit geschrieben, aber auch wenn sie schon nett zu lesen sind und mir gefallen, bin ich nicht ganz glücklich damit. Das muss alles schneller in die Handlung gehen und dazu muss ich eine andere Ausgangssituation haben. Leider fällt beim Bearbeiten die "entfernte Großtante" raus, die das Kind, das dort einige Ferientage verbringen soll, mit einem barschen: "Was willst du denn hier?" begrüßt. Schade. Die Szene hat mir besonders gut gefallen. Immerhin bleibt die Großtante drin. Nicht als Großtante, aber als seltsame und unsympathische Frau. "Kill your darlings" ist eine wichtige Grundregel beim Entwickeln und heißt: Auch wenn du die Szene liebst, wirf sie raus, wenn sie die Handlung nicht unterstützt und weiterbringt. Ich kille immer noch seufzend, inzwischen aber recht konsequent.

Bei den beteiligten Kindern war mir bisher nicht klar, wie viele es neben der Hauptdarstellerin geben soll. Gibt es einen Mitstreiter, zwei, drei oder sogar eine ganze Bande? Jetzt entscheide ich mich für übersichtliche zwei. Von Beginn an dachte ich, dass eins der Kinder ein syrischer Flüchtlingsjunge sein soll, aber der erscheint mir jetzt doch zu viel und zu gewollt. Ein Mädchen mit Papa, der ausgezogen ist und inzwischen eine neue Familie hat, eins mit einem afrikanischen Vater und entsprechender Hautfarbe und ein Junge mit Übergewicht sind genug an Problemen, Integration, Ausgrenzung und Normalität.

Ich notiere Hintergründe zu den Personen, den ungefähren Verlauf, grobe Ideen und manchmal auch schon detaillierte Dialoge, füge hin und wieder eine Skizze ein, damit ich später weiß, was ich mir da vorgestellt habe und bin dann schon recht zufrieden. Es ist logisch, rund und kann funktionieren. Der Schluss ist erst angedacht. Der wird sich beim Schreiben anpassen, entwickeln und dann ganz alleine da sein.

Als ich alles, was dazu im Kopf herumschwirrt, notiert habe, lege ich den Notizblock zur Seite und hole meine Illustrationssachen aus dem Schrank. Endlich mal wieder etwas zeichnen! Das spontane Motiv hat überhaupt nichts mit dem Kinderbuch zu tun, auch wenn es zufällig ebenfalls drei Kinder zeigt. Vielleicht wird es die nächste Neujahrskarte, vielleicht auch nur ein Spaß für Zwischendurch. In meiner Kreativzeit kann ich machen, was ich will, und das nutze ich mit großer Freude aus.

Am nächsten Tag packe ich meine Eltern ins Auto und mache mit ihnen einen Tagesauflug nach Mainz zur Schwester meines Vaters. Als Kind habe ich bei Tante und Onkel in Mainz öfter mal eine Woche der Sommerferien verbracht und es ist schön, wie vertraut wir uns immer noch sind. Da könnte ich glatt nochmal eine Woche Sommerferien machen. Inzwischen ist mir klar, dass meine Tante, die für mich damals ganz eindeutig zur Erwachsenenwelt gehörte - der Welt, in der alle groß und schon älter sind und alles wissen, was man wissen muss -, damals gerade mal Ende 20 war. Das finde ich heute sehr jung. Am Abend kommen wir, vergnügt nach dem schönen Tag, an dem alle Spaß hatten, wieder zurück. Von Mainz haben wir nicht viel gesehen, aber darum ging es ja nicht.

Drei Tage, nachdem ich die Dateien für das Fotobuch abgeschickt habe, kommt schon die Benachrichtigung, dass das Buch fertig ist und losgeschickt wurde, am nächsten Tag ist es da. Wow! Das ging schnell. Und es ist gut geworden. Endlich haben wir eine schöne, ansehbare Erinnerung an den Urlaub von 2012. 

Meine Kreativzellen finden meine kurzen Mittwochnachmittage prima und werden auch an anderen Tagen sehr lebendig. Manchmal übertreiben sie schon und präsentieren mir auf einer halbstündigen Autofahrt ein fertiges kleines Handpuppenstück, das ich Zuhause nur noch aufschreiben muss. Die Grundidee habe ich schon lange und wollte irgendwann überlegen, ob ich ein Stück daraus machen kann. Jetzt ist es unerwartet ein kurzes, lustiges Stück für Erwachsene und Kinder geworden. Zum Zwischendurch-mal-spielen, nicht als abendfüllendes Theaterstück. Aber warum nicht?

Abgesehen davon, dass ich alle Puppen noch bauen muss, sollte ich mir auch eine mobile Bühne überlegen, damit das Aufbauen nicht länger als das Stück dauert. Am besten beginne ich in kleinen Schritten erstmal mit dem Schnitzen der Puppenköpfe. Nicht aus Holz, sondern aus Hartschaum. Das könnte ich romantisch an den Weihnachtstagen machen. Mit gutem Willen könnte man die kleinen Hartschaumschnipsel, die sich dann in der Gegend verteilen, als Schneedekoration sehen. Ach nee, der Hartschaum ist ja blau. Das sieht dann eher aus wie das blaue Crystal Meth, das Walter White in der Serie "Breaking Bad" hergestellt hat. Ach, prima! Die Serie ist großartig, da kann ich - mit einer Verbeugung an die Macher - auch blau dekorieren. "Wieso habt ihr blauen Schnee gestreut?" "Das soll Crystal Meth sein." "Ah so."

Am Freitagabend gibt es ein Streamingkonzert von "Alte Bekannte". Das ist doch schön, dass ich mal wieder ein Konzert von ihnen mitkriege, ohne dass ich zu Coronazeiten in einem Saal sitzen muss, freue ich mich und setze mich mit einer Kanne Tee vor den Fernseher. Der Stream funktioniert, allerdings ist die Kameraführung erstaunlich schlicht. Die verschiedenen Bilder sind in der Qualität sehr unterschiedlich, und wenn die Kameraposition nicht sowieso starr als Übersicht bleibt, wackelt es hin und wieder ganz schön. "Sie treten in einem Kloster auf, aber muss es sein, dass die Messdiener die Kameras übernommen haben?", mache ich Witze, bin aber trotzdem peinlich berührt. Menno, das soll doch gut aussehen und vor allem professionell rüberkommen. Ein Mix von mitlaufenden Übersichtskameras in zu hell, zu dunkel und leicht unscharf ist da etwas schwach.

Auch der Ton, der in der Kirche vermutlich gut klingt, kommt nicht immer rund abgemischt und als harmonisch abgestimmter Klang aus den Lautsprechern. An unseren Lautsprechern liegt es nicht, die können Konzerte sonst gut. Dass aber auch kein Mikrofon die Reaktionen der Zuschauer überträgt und somit Beifall, Lachen und Mitsingen mehr zu erahnen als zu hören sind, ist atmosphärisch ziemlich dämpfend. Sehr schade! Gegen Ende des Konzertes bin ich etwas genervt von der Übertragung und frage mich, was für eine Firma für diese Kameraführung verantwortlich ist. In diesem Moment erwähnt Dän, dass das Kamerateam aus jungen Leuten der Gemeinde besteht. Mir schmilzt das Herz und ich bin sofort gerührt. Vermutlich haben die schon Gottesdienste übertragen und sich freudig gemeldet, dass sie auch das Konzert filmen können. Wie schön und wie wichtig wäre es aber gewesen, gleich zu Beginn des Konzertes zu sagen, dass an den Kameras junge Leute der Gemeinde stehen! Das ist doch eine ganz andere Grundlage, mit der unterschiedliche Kamerabilder, jeder Wackler und jede überstrahlte Ansicht mit milder Nachsicht und Lächeln hingenommen werden. Dann ist es toll, dass sie so etwas machen und ich erwarte kein professionelles Bild- und Schnittergebnis. Für junge Leute aus der Gemeinde, die mit zusammengestellten Kameras filmen, ist das Ergebnis übrigens richtig gut.

Mein unerwartetes Highlight am Abend ist "Stille Nacht", gesungen von Björn. Abgesehen davon, dass ich gar keine Weihnachtslieder hören möchte, ist das so außergewöhnlich schön gesungen und sparsam begleitet, dass ich es sehr klasse finde.

Rainald Grebe hat ein Buch geschrieben, das mehr oder weniger biographisch über sein Leben berichtet. So wie ich ihn kenne, eher mehr. Ich hole es ganz frisch aus der Buchhandlung und freue mich aufs baldige Lesen. Beim ersten schnellen Durchblättern fällt mir sofort eine Seite auf, auf der aktuelle Pressemeldungen von 2011 aufgeführt sind. Das wird der Screenshot sein, den ich damals gemacht und ihm sofort geschickt habe. Für wenige Minuten waren im Internet einige Katastrophenmeldungen in den "News" aufgeführt, die natürlich sehr tragisch waren, aber in der Zusammenstellung auch genau meinen Humornerv trafen. Rainalds anscheinend auch. Schön, dass der spontane Screenshot jetzt so nett festgehalten ist. Einige Jahre später anguckbar in einem Buch - wie mein Islandurlaub.

Ansonsten: Ich beginne mit dem ersten Ärmel für meinen Fair-Isle-Muster-Pullover. Die Ärmel sollen nur dreiviertellang werden, was etwas ungewöhnlich ist. Ich weiß auch nicht, ob das wirklich praktisch wird, aber das weiß ich erst, wenn ich den fertigen Pullover anziehe. Bis jetzt sind erst 20 Reihen des linken Ärmels gemacht.

 

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